Die Entwicklung der Atombombe in Deutschland

 Teil 2

 

Etwa mit Beginn des Jahres 1944 beginnt eigentlich die richtig spannende Entwicklung einer deutschen Atombombe und eines dafür notwendigen transatlantischen Trägersystems und damit eines der größten Geheimnisse Deutschlands:      

Nach dem fehlgeschlagenem Attentat auf Hitler im Juni 1944 verschoben sich die Kräftekonstellationen im Reich erheblich zugunsten der SS.

Karlsch schreibt dazu in "Urangeheimnisse":

"Der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, drängte immer stärker darauf, die wichtigsten Rüstungs- und Forschungsprojekte seiner Organisation zu unterstellen.

In diesem Zusammenhang erlangte

SS-General Dr. Hans Kammler
SS-General Dr. Hans Kammler,

Leiter der Gruppe C des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes der SS und Sonderbeauftragter für alle wichtigen Hochtechnologieprojekte -

darunter V-Waffen (Raketen) und Düsenjäger sowie Strahlen- und Atomforschung,

einen enormen Machtzuwachs.

 

 

 

 

Über die Ergebnisse der Kammler unterstehen Arbeiten gibt es widersprüchliche Angaben.

  • Sind die Wissenschaftler, die mit der SS kooperierten und in geheimen unterirdischen Labors etwa
  • im Objekt "Burg'" in Thüringen (gemeint ist hier das Gebiet um den Truppenübungsplatz Ohrdruf und die untertägigen Anlagen im Jonastal, d. Verf.),
  • im Objekt "Quarz" im österreichischen Melk und im Skoda-Werk in Pilsen arbeiteten, weiter gekommen als die Gruppen um Heisenberg?
  • Sollte ein von KZ-Häftlingen im Jonastal gebautes Stollensystem nicht nur als (unvollendetes) Führerhauptquartier, sondern auch als Forschungs- und Produktionsstätte für "Siegeswaffen" dienen?
  • Hat es Anfang März 1945 in Thüringen gar einen Test einer kleinen Atomwaffe gegeben?

Diese Mutmaßungen haben sich in jüngster Zeit verdichtet.

Alle dazu nachfolgend noch aufgeführten Objekte und Forschungen unterlagen strengster Geheimhaltung:

  • Befehle wurden entweder nur mündlich erteilt oder schriftliche nach Übermittlung sofort vernichtet
  • durch die SS wurde zum Kriegsende eine Vielzahl von Dokumentationen und andere Unterlagen vernichtet
  • viele, vor allem untertägig angelegte Objekte wurden von der SS zugesprengt und sind bis heute nicht zugänglich
  • was dann noch den Alliierten in die Hände fiel, halten sie nach wie vor unter strengster Geheimhaltung und ist damit der Forschung bis heute nicht zugänglich

Viele Publikationen und die öffentliche Meinung stellten bisher dar, dass das Dritte Reich zwar Fortschritte in der Grundlagenforschung bei der Entwicklung einer Atombombe erzielt habe, doch sei dieses Projekt 1942 gestoppt worden.

 

Die in Südengland in Farm Hall von den Alliierten internierten deutschen Atomwissenschaftler haben in auffälliger Übereinstimmung erklärt, dass Deutschland nicht im Besitz einer anwendungsbereiten Atombombe gewesen sei.

Überliefert ist ein publiziertes Gespräch zwischen Hahn und Gerlach während ihrer Internierung auf Farm Hall mit folgendem Inhalt, welches die "Unschuld" der deutschen Wissenschaftler zeigen soll:

Hahn:

"Sie sind doch nicht für eine so unmenschliche Waffe wie die Uranbombe?

Gerlach:

"Nein. Wir haben nie an der Bombe gearbeitet. Ich habe nicht geglaubt, das es so schnell gehen würde.
Aber ich war allerdings der Meinung, daß wir alles unternehmen sollten, um die Energiequellen verfügbar zu machen und deren Möglichkeiten für die Zukunft zu nutzen.
Als das erste Ergebnis vorlag und sich herausstellte, daß die Konzentration durch die Würfelmethode stark anstieg, sprach ich zuerst mit Speers rechter Hand.
Da Speer damals nicht zu erreichen war, einem Oberst Geist, und später fragte mich Sauckel in Weimar `Was wollen Sie mit diesen Dingern anfangen?`
Ich antwortete: `Meiner Meinung nach kann ein Politiker, der im Besitz einer solchen Maschine ist, alles erreichen, was er will.`"

Wir versuchen nun, durch Recherchen in der vorhandenen Literatur und im Internet zumindest die bisher bekannten weiteren streng geheim gehaltenen Forschungseinrichtungen zumindest ansatzweise darzustellen.

Allein im Internet sind über 3.000 Seiten zu diesem Thema abrufbar mit den vielfältigsten Themenstellungen, aber auch Spekulationen, die  vielfach nicht nachzuvollziehen sind.

 

Forschungslabor Stadtilm

Ein besonders interessanter, wie geheimnisvoller Standort war Stadtilm, wohin die Gruppe um Diebner Anfang Juli 1944 von Gottow ausgelagert wurde.

Die zunehmenden alliierten Luftangriffe auf Berlin führten zur Notwendigkeit, zentrale Behörden und Einrichtungen zu verlagern. Die Suche nach geeigneten Objekten konzentrierten sich auf Süddeutschland vor allem aber auf den Raum Thüringen.

Für die Verlagerung der Versuchsstelle Gottow fand man dann in Stadtilm ein Schulgebäude mit Kellerraum ausfindig.

Die Gruppe um Diebner bezog dieses Gebäude dann im September 1944.

Hier wurden Laborräume und eine Hauptwerkstatt eingerichtet und wurden Zähleinrichtungen installiert.

Unter Verwendung der aus Gottow mitgebrachten Uranwürfel sollte hier ein weiterer Großversuch stattfinden, dieses Mal aber ein Kugelexperiment.

Außerdem sollte ein weiterer, eigentlich am Kaiser-Wilhelm Institut vorgesehener Versuch "B 8 " in Stadtilm durchgeführt werden, das Material wurde dann aber doch nach Haigerloch verlagert.

Was an Versuchen hier tatsächlich und mit welchen Ergebnissen durchgeführt wurden, ist bisher noch weitestgehend ungeklärt. Besonderes Interesse dient aber vor allem auch der Umstand, dass nur ca. 10 Kilometer entfernt in einem riesigen untertägigen Anlage im Jonastal unter dem Truppenübungsplatz Ohrdruf ebenfalls Atomforschungen durchgeführt worden sein sollen und nach verschiedenen Quellen auch hier Dr. Diebner beteiligt war.

Wichtige Forschungsgegenstände mussten hier von den Amerikanern aber doch gefunden worden sein, denn in einer Nachricht von General Pash an Goudsmit nach deren Einmarsch in Stadtilm am 08.04.45 und Besetzung des Atomlabors hieß es:

"Wir sind gerade drei Stunden hier und schon ist allen klar, daß wir eine Goldmine entdeckt haben.
Zwar wurden Dr. Diebner und das gesamte Personal mit allem wichtigen Material und den Geheimakten am 8.4.45 mit unbekanntem Ziel von der Gestapo abtransportiert,
dennoch haben wir gefunden:

1. Dr. Berkei, der von Anfang an dieses Projekt mitgemacht hat.
    Er berichtet alles, ist außerdem auch über Hechingen unterrichtet
2. Bände aufschlußreicher Akten
3. Teile des Atommeilers
4. viele Ausrüstungen.

Ich meine, du solltest schleunigst herkommen. Mike Perrin müßte auch hier sein, hier werden wir die Umfänge des gesamten Projektes der Deutschen erkennen können, um dann in Hechingen und Haigerloch die technischen Einzelheiten nachzutragen. - Auf bald. Fred."  

Samuel Goudsmit war als wissenschaftlicher Leiter der Mission "Alsos" eingesetzt, welche die deutschen Atomgeheimnisse aufklären sollte.

Der Klempnermeister Erich Rundnagel gab jedoch bei Befragungen von DDR-Behörden an, dass er im Labor in Stadtilm bis zum Tages des Einmarsches der Amerikaner noch mit Installationsarbeiten beschäftigt war und hier keinerlei Forschungsversuche durchgeführt wurden.

 

Mittelschule in Stadtilm Standort des PTR

 

 

 

Mittelschule in Stadtilm

Foto mit Dr. Diebner (rechts)

 

 

 

Foto mit Dr. Diebner (rechts)       

Fotos von der Verladung in Stadtilm

 

 

 

Foto von der Verladung in Stadtilm

Foto der Verladung in Stadtilm

 

 

 

Foto der Verladung in Stadtilm        

Die mit oben auf dieser Seite gezeigten Fotos wurden uns von dem Autor des Buches "Atomversuche in Deutschland", Dr. Günter Nagel, freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt, wofür wir uns herzlich bedanken.

 

 Als die Amerikaner begannen, Thüringen einzunehmen, sollte die Forschungseinrichtung von Stadtilm nach Innsbruck verlagert werden.

Anfang April 1945 begann der Transport und machte am 12.04.45 auch in Ronneburg Station.

In Ronneburg war wegen der Bombenangriffe auf die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) Berlin im Frühjahr 1944 der Bereich V - Atomphysik - dieser Reichsanstalt in die Räume der damaligen Firma Clad ausgelagert worden.

Wussten Sie, dass im Zusammenhang mit dem Umzug des Bereiches V der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt nach Ronneburg in einem Bergstollen im Brunnenholz 1944 bis Frühjahr 1945 die deutsche Reichs-Radiumreserve mit einem damaligen Wert von ca. 3 Millionen Dollar eingelagert war?

Zu diesem der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Sachverhalt finden Sie umfangreichere Ausführungen und Bilddokumente auf unseren Seiten im Menü Reichsradiumreserve in Ronneburg".

 

Stop beim Umzug des PTR in Ronneburg Bild 1

 

 

 

 

Stop beim Umzug des PTR in Ronneburg Bild 2

 

 

 

    

Zwischenstopp der Diebner-Gruppe in Ronneburg in der Bahnhofstraße

Stop beim Umzug des PTR in Ronneburg Bild 3

 

 

 

 

Stop beim Umzug des PTR in Ronneburg Bild 4

 

 

 

 

Die mit oben auf dieser Seite gezeigten Fotos wurden uns von dem Autor des Buches "Atomversuche in Deutschland", Dr. Günter Nagel, freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt, wofür wir uns herzlich bedanken.

 

 In der Nacht vom 25. zum 26 April befand sich dann Diebners Transport zwischen Bad Tölz und Tegernsee und nahm Richtung München.

Diebner selbst wurde am 01.05.1945 in Schöngeising bei München von den Amerikanern festgenommen.

 

 Forschungsrat der Deutschen Reichspost

 

 Kaum erforscht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sind die Aktivitäten des Forschungsrates der Deutschen Reichspost, welche sich vor allem auch im Gebiet Jonastal nachweisen lassen.

So machte im Dezember 1939

der Physiker Manfred von Ardenne  Prof. Manfred von Ardenne 1930

 

den Reichspostminister Dr. Wilhelm Ohnesorge auf die ungeheuere Bedeutung der Hahnschen und Straßmannschen Entdeckung der Kernspaltung aufmerksam.

Die Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost hatte neben Routineaufgaben auch eine Reihe von kriegswichtigen Projekten übernommen.

Im Januar 1940 entschloss sich Ohnesorge zur Förderung des Projektes "für die technische Entwicklung von Verfahren und Anlagen auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung"

und wurden die entsprechenden technischen Voraussetzungen im Institut von Manfred von Ardenne in Berlin-Lichterfelde und in Miersdorf geschaffen.

Es mehren sich die Hinweise in der Literatur, dass die Deutsche Reichspost unter Führung von Reichsrüstungsminister Speer und SS-Führer Himmler und unter besonderer Ausschaltung der Führungsspitzen des Deutschen Reiches, wie Adolf Hitler, Hermann Göring und Goebbels unter der Leitung des SS-Generals Kammler mit Dr. Diebner in den untertägigen Anlagen des Jonastales in den Atombombenforschungen am weitesten gekommen sein sollen.

 

 Physikalisch-Technische Reichsanstalt Berlin-Charlottenburg

 

Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) wurde am 28.03.1887 in Berlin auf Initiative des Physikers Hermann v. Helmholtz und dem Unternehmer und Physiker Werner von Siemens mit dem Ziel gegründet

  • die Zusammenarbeit zwischen Physik und Industrie zu fördern, um so physikalische Forschungsergebnisse
    intensiver für die Belange der Technik und der Industrie nutzbar machen zu können
  • neben der wissenschaftlichen und technischen Forschung auf den Gebieten Optik, Elektrizität, Mechanik und Metallkunde sowie der Prüfung
    von physikalischen Geräten das gesetzliche Prüf- und Messwesen durchzuführen

Nach Einsatz Abraham Esau's 1939 zunächst als kommissarischer und 1941 als Präsident der PTR wurde er als Fachspartenleiter Physik des Reichsforschungsrates zum Bevollmächtigten des Uranprojektes ernannt, was die Wiederaufnahme kernphysikalischer Versuche zu Herstellung einer Uranmaschine  in der Abteilung V der PTR zur Folge hatte.

Mit Machtergreifung Hitlers 1933 erfolgte die allmähliche Gleichschaltung der Forschungsanstalt und ihre zunehmende Ausrichtung auf militärische Ziele.

Nach 1939 wurde die PTR verstärkt in den Dienst des Krieges gestellt, die militärische Forschung weitete sich im Laufe des Krieges immer weiter aus und die Zahl der Wehrmachtsaufträge stieg von Jahr zu Jahr.

 

 1944 wurde die Abteilung V für Atomphysik und physikalischer Chemie der PTR nach Ronneburg in Thüringen verlagert und in diesem Zusammenhang auch die deutsche Reichs-Radium-Reserve in einer Menge von 21,8 Gramm und einem damaligen Wert von 3 Millionen Dollar dort in einem Bergstollen eingelagert.

 In ihrer wissenschaftlichen Arbeit "Die Demontage deutscher naturwissenschaftlicher Intelligenz nach dem 2. Weltkrieg - Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt 1945 - 1948" bezeichnete

Dr. Carl-Friedrich Weiss Dr. Carl Friedrich Weiss, Leiter der Abteilung V der PTR

als Leiter der Abteilung V der PTR als Hüter des Radiums, der alle Stellen im Reich, die sich mit Atomphysik befassten und darüber hinaus noch alle Produktionsstätten der V 1 und V 2 kannte.

Nach unserem Kenntnisstand ist der Anteil der PTR an der Entwicklung einer deutschen Atombombe bisher kaum erforscht, so dass hier keine weiteren Ausführungen erfolgen können.

Interessant ist aber die Tatsache, dass die Gruppe um Dr. Diebner im Rahmen ihrer Evakuierung von Stadtilm nach Bayern in Ronneburg bei der ausgelagerten Abteilung V in Ronneburg Station machte. 

 

 Zu bisher bekannten Forschungsergebnissen besteht noch nach wie vor erheblicher Forschungsbedarf.

Alle mit diesem Thema befassten Autoren berichteten, dass:

  •  amerikanische und sowjetische Archive sind heute nach wie vor geschlossen sind und bleiben geschlossen gehalten werden,
    da beide Seiten offensichtlich sehr wohl wissen, dass ihre "Erfolge" beim Bau ihrer jeweiligen eigenen Atombombe und einer Interkontinentalrakete doch mit zum großen Teil
    auf deutschen Forschungen und den alliierten Beutezügen in Deutschland beruhen
  • deutsche verantwortliche Behörden keinerlei Unterstützung zur Aufarbeitung dieses Teils der deutschen Geschichte zeigen
  • vieles heute nicht mehr rekonstruierbar ist. Viele Zeitzeugen verlassen diese Welt und nehmen ihr Wissen mit ins Grab

 

Untertägige Anlagen unter und in der Umgebung des Truppenübungsplatzes Ohrdruf

 

Eines der geheimnisvollsten Gebiete ist das Gebiet unter und in der Umgebung des Truppenübungsplatzes, nach den Autoren Mayer und Mehner auch als AWO-Gebiet (Arnstadt - Wechmar - Ohrdruf) bezeichnet.

Hier liegt auch das legendäre Jonastal mit 31 Stolleneingängen zwischen den Orten Arnstadt und Crawinkel.

In diesem Gebiet sollen sich u. a. auch untertägige Forschungsanlagen für die Entwicklung von Atombomben befunden haben.

Gefunden wurden diese Anlagen bisher jedoch nicht.

 

verwendete Quellen 

 

 

     

               Name
               Titel
 
         
     Karlsch / Zeman             Urangeheimnisse, Ch. Links Verlag, Berlin 2003     
 
     
 
  Nagel       Atomversuche in Deutschland, Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft Zella-Mehlis/Meiningen 2002  
 
     
 
  Mayer / Mehner       Das Geheimnis der deutschen Atombombe, Jochen Kopp-Verlag Rottenburg 2003  
 
     
 
  Mayer / Mehner       Die Atombombe und das Dritte Reich, Jochen Kopp-Verlag Rottenburg 2002  
 
     
 
  Mayer / Mehner       Hitler und die "Bombe", Jochen Kopp-Verlag Rottenburg 2002  
 
     
 
  Brunzel       Hitlers Geheimobjekte in Thüringen, Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft Zella-Mehlis/Meiningen 2003  
 
     
 
  Remdt / Wermusch       Rätsel Jonastal, Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft Zella-Mehlis/Meiningen 2003  
 
     
 
  Karlsch       Hitlers Bombe, Deutsche Verlagsanstalt 2005  
 
     
 
  www.gtgj.de       Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal