Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) in Ronneburg

 

zur Geschichte

 

Wussten Sie, dass in einem Bergstollen von Ronneburg in den letzten beiden Kriegsjahren die deutsche Reichs-Radium-Reserve im Wert von über 3 Millionen Dollar eingelagert war?

Die nachfolgende Seite berichtet davon.

 

Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) wurde am 28.03.1887 in Berlin auf Initiative des Physikers Hermann v. Helmholtz und dem Unternehmer und Physiker Werner von Siemens mit dem Ziel gegründet:

  • die Zusammenarbeit zwischen Physik und Industrie zu fördern, um so physikalische Forschungsergebnisse intensiver für die Belange der Technik und der Industrie nutzbar machen zu können
  • neben der wissenschaftlichen und technischen Forschung auf den Gebieten Optik, Elektrizität, Mechanik und Metallkunde sowie der Prüfung von physikalischen Geräten das gesetzliche Prüf- und Messwesen durchzuführen

 

Die Amerikaner und Sowjets betrachteten die PTR zum Kriegsende 1945 als besonders wichtiges Beutegut, da in dieser Reichsanstalt u. a. die erste funktionierende Quarzuhr der Welt entwickelt worden war und nicht zuletzt die Radiumvorräte des deutschen Reiches aufbewahrt wurden.

Radium ist so kostbar, weil es über unersetzliche Eigenschaften verfügt und es:

  • ist ein Ausgangselement in der Zerfallsreihe radioaktiver Elemente und dient in der Kernforschung als Normal für radioaktive Messungen
  • ist Bestandteil der wichtigsten Neutronenquellen zur Untersuchung der Kernspaltung und zum Anfahren von Atomreaktoren

 

Nach Einsatz Abraham Esau's 1939 zunächst als kommissarischer und 1941 als Präsident der PTR wurde er als Fachspartenleiter Physik des Reichsforschungsrates zum Bevollmächtigten des Uranprojektes ernannt, was die Wiederaufnahme kernphysikalischer Versuche zu Herstellung einer Uranmaschine in der Abteilung V der PTR zur Folge hatte.

Mit Machtergreifung Hitlers 1933 erfolgte die allmähliche Gleichschaltung der Forschungsanstalt und ihre zunehmende Ausrichtung auf militärische Ziele.

Nach 1939 wurde die PTR verstärkt in den Dienst des Krieges gestellt, die militärische Forschung weitete sich im Laufe des Krieges immer weiter aus und die Zahl der Wehrmachtsaufträge stieg von Jahr zu Jahr.

Im Jahre 1943 war die Physikalisch-Technische Reichanstalt (PTR) Berlin von massiven alliierten Luftsangriffen heimgesucht worden, so dass deren Evakuierung notwendig war.

Die PTR nahm ihren Sitz in der ehemaligen Lederfabrik Dix in der Stadt Weida in Thüringen.

Die Abteilung V für Atomphysik und physikalischer Chemie der PTR unter Leitung von Dr. Carl-Friedrich Weiss wurde wegen Platzmangels in Weida nach Ronneburg in die Firmenräume der Firma Clad umgesetzt.  

 

In diesem Gebäude der Firma Clad in der Bahnhofstraße in Ronneburg PTR Ronneburg

war der Bereich V - Atomphysik - der PTR infolge der massiven Bombenangriffe der Alliierten auf Berlin ab 1944 untergebracht.

 

Firma F.J. Clad

 

Gesamtansicht der damaligen Firma Clad in Ronneburg. Leider liegt uns als Ansicht dieser Firma nur ein Briefkopf aus dem Jahre 1899 vor.

Bei der rechten Straße handelt es sich um die Bahnhofstraße auf dem obigen Foto.

Das gesamte Firmengelände wurde abgerissen und nach der Vereinigung Deutschlands ein Krone- und Raiffeisenmarkt errichtet.

Beide Märkte stehen heute leer.

 

 Zu Beginn des II. Weltkrieges fasste das Reichswirtschaftsministerium den Beschluss, eine Reserve an Radium anzulegen und die Verantwortung dafür einer einzigen Stelle, der Abteilung V für Atomphysik und physikalischer Chemie der PTR zu übertragen.

Diese Radiumreserve wurde zunächst im Keller der PTR in Berlin-Charlottenburg eingelagert, nach den schweren Luftangriffen auf Berlin in einen Bergstollen in Niedersachswerfen bei Nordhausen und im Jahr 1944 von dort nach und nach in einen Tresor in einem Bergstollen in Ronneburg umgelagert.

Die letzten 8 Gramm wurden am 3. April 1945 nach Ronneburg gebracht. ein Foto dieses Berg-Stollens in Ronneburg im Brunnenholz.  Dieser Stollen wurde vollständig geräumt und die Öffnung zugemauert.

Die deutsche Reichs-Radium-Reserve in einer Menge von 21,8 Gramm und einem damaligen Wert von ca, 3 Millionen Reichsmark wurde in einem Bergstollen in der Ronneburger Brunnenstraße eingelagert.

 

 

 

  Als die Amerikaner entgegen den getroffenen alliierten Vereinbarungen im April 1945 in Thüringen einmarschierten (in Ronneburg am 10.04.45 begonnen, abgeschlossen am 15.04.45), galt ihr besonderes Interesse dem Aufspürungen der deutschen Reichsradiumreserve für ihr eigenes Atomwaffenprogramm.

Sie trafen jedoch den Leiter der Abteilung V Dr. Weiss in Ronneburg nicht an und auch die Radiumreserve war hier nicht mehr vorhanden.

Dr. Weiss hatte zwischenzeitlich vom Gauleiter Thüringens, Sauckel, den Auftrag erhalten, den gesamten Radiumbestand in Bayern der SS zu übergeben.

Diesem Befehl widersetzte er sich jedoch, in dem er diese Radiumreserve am 12.04.45 an einer einsamen Stelle des Isartales in der Nähe von Bad Tölz in den Alpen in Anwesenheit zuverlässiger Leute vergrub.

Wer diese "zuverlässigen" Leute waren, lässt sich heute nicht mehr feststellen.

 

ein Auszug aus der Veröffentlichung der "New York Times" am 26.06.1945 über die Lagerung der deutschen Reichsradiumreserve in Ronneburg
Nach seiner Rückkehr von Bayern nach Ronneburg nahm ihn der amerikanische Geheimdienst am 14. Juni 1945 fest und brachte den Verbleib der Radiumreserve in Erfahrung.

Am 26.06.45 musste Dr. Weis den amerikanischen Geheimdienst an die Stelle führen, wo er kurz vorher die Radiumreserve vergraben hatte.

In Anwesenheit seiner Kollegen Dr. Hans Westmeyer und Gustav Wauschkun musste er eigenhändig die Kiste mit der Radiumreserve wieder ausgraben und den Amerikanern übergeben.

Die Amerikaner hielten das für so wichtig, dass sie diesen Sachverhalt in der "New York Times" ausdrücklich als "Kriegsbeute" würdigten:

Hier im Bild links ist ein Auszug aus der Veröffentlichung der "New York Times" am 26.06.1945 über die Lagerung der deutschen Reichsradiumreserve in Ronneburg, deren Versteck in Bayern und späteren Beschlagnahme durch die US- Armee und anschließenden Überführung in die USA.

 

 

 

 

Die nachfolgenden persönlichen Dokumente wurden unserem Bergbauverein freundlicherweise von dem Sohn des Dr. Carl Friedrich Weiss, Herrn Prof. Dr. Cornelius Weiss zur Verfügung gestellt, wofür wir uns ganz herzlich bedanken

 

Leiter dieser Abteilung V der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt war Dr. Carl-Friedrich Weiss. Das Foto zeigt dessen Dienstausweis.
Das Foto zeigt den Dienstausweis von Dr. Carl-Friedrich Weiss  
Personalausweis von Dr. Weiss
Das Foto zeigt den Not- Personalausweis von Dr. Carl-Friedrich Weiss Das Foto zeigt den Not- Personalausweis von Dr. Carl-Friedrich Weiss
Meldekarte von Dr. Weiss
Das Foto zeigt die Meldekarte von Dr. Carl-Friedrich Weiss. Das Foto zeigt die Meldekarte von Dr. Carl-Friedrich Weiss.

 

verwendete Quellen

 
     
 
     Pelzer, Lilli:             Die Demontage deutscher naturwissenschaftlicher Intelligenz nach dem 2. Weltkrieg
Die Physikalisch-Technische Reichanstalt 1945 - 1948, ERS Verlag Berlin
    
 
     
 
  Prof. Dr. Cornelius Weiss, Leipzig       Originaldokumente seines Vaters  
 
     
 
  Nagel, Günter:       Atomversuche in Deutschland, Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis/Meiningen